06.05.2025 | Universität Stuttgart | News

Biobeton aus Urin

Forschende der Universität Stuttgart haben mittels mikrobieller Prozesse umweltfreundlichen Biobeton aus Urin als Teil einer Wertschöpfungskette „Abwasser-Biobeton-Düngemittel“ hergestellt. Nach der Projektverlängerung durch das baden-württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst stehen jetzt Produktoptimierungen und ein Praxistest an. 

pm-13-25-SimBioZe-universitaet-stuttgart-ILEK.png

Im Projekt „SimBioZe“ nutzen die Forschenden menschlichen Urin, um einen nachhaltigen Baustoff zu produzieren. Da im Urin bereits Wasser enthalten ist, wird kein zusätzliches Wasser für den Prozess benötigt.

/
Copyright: Universität Stuttgart / ILEK / IMB / ISWA

Kreislaufwirtschaft als Ziel: Vom Abfallprodukt zum Baustoff

„Das Herstellungsverfahren unseres Biobetons verbraucht erheblich weniger Energie und verursacht weniger Emissionen als die herkömmliche Zementproduktion. Nachhaltig ist unser Ansatz aber auch, weil wir das Produkt in eine zirkuläre Wertschöpfungskette einbetten“, sagt Blandini. Die Forschenden haben ein Konzept erstellt, das aufzeigt, wie man Urin aus dem Abwasserteilstrom an Orten mit hohem Menschenaufkommen, wie zum Beispiel einem Flughafen, separieren und aufbereiten könnte, um ihn als Rohstoff für die Produktion von Biobeton zu nutzen. Gleichzeitig könnten bei diesem Prozess sekundäre Wertstoffe aus dem Abwasser rückgewonnen werden, um Düngemittel für die Landwirtschaft zu produzieren. „Indem wir simultan zwei Produkte herstellen, erreichen wir eine noch bessere Umweltbilanz“, sagt Smirnova.

Zweite Projektphase: Optimierung des Herstellungsverfahrens und Praxistest

Nach erfolgreicher Evaluierung wurde das Projekt jetzt vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst für drei Jahre verlängert. In weiteren Laborversuchen wollen die Forschenden Störstoffe im menschlichen Urin identifizieren, die sich negativ auf die Aktivität der Bakterien und somit die Qualität des Biobetons auswirken. Basierend darauf soll der Herstellungsprozess optimiert werden. Einen weiteren Schwerpunkt legt das Team, gemeinsam mit dem Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim, auf die simultane Düngemittelproduktion.

Sobald die Laborversuche abgeschlossen sind, soll das Konzept unter realen Bedingungen getestet werden: Geplant ist, am Flughafen Stuttgart eine Versuchsumgebung zu schaffen, in der Urin gesammelt und zu Biobeton und Düngemittel aufbereitet wird.

Das Projekt „SimBioZe“: Simultane Biozement- und Düngemittelherstellung aus Abwasser 

Das Projekt „SimBioZe“ wird im Rahmen der Förderlinie „Mikroorganismen als Helfer im Klimaschutz – mit innovativen Verfahren mikrobielle Prozesse für eine klimaneutrale Zukunft nutzen“ finanziert. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützte im Rahmen dieses Programms neun Projektvorhaben für ein Jahr. Vier von ihnen wurden jetzt um weitere drei Jahre verlängert, darunter „SimBioZe“. 

Im interdisziplinären Projekt „SimBioZe“ bündeln drei Institute der Universität Stuttgart ihre Kompetenzen: Das Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren (ILEK), das Institut für Mikrobiologie (IMB) und das Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA). In der zweiten Projektphase kommt das Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim als neuer Partner mit an Bord. Zudem sind Kooperationen mit Industriepartnern, darunter dem Flughafen Stuttgart, geplant.

Projektteam: 
ILEK: Prof. Lucio Blandini (Institutsleitung), Maiia Smirnova, IMB: Prof. Beat Christen (Institutsleitung), Prof. Andreas Stolz, Daniele Funaro, ISWA: Carsten Meyer, Axel Steffens, Dr. Gerold Hafner, Universität Hohenheim, Zentrum Ökologischer Landbau: Dr. Sabine Zikeli (Institutsleitung).

Weitere Informationen

Fachlicher Kontakt:
Prof. Lucio Blandini, Universität Stuttgart, Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Tel.: +49 711 685-61760, E-Mail: lucio.blandini@ilek.uni-stuttgart.de 

Maiia Smirnova, Universität Stuttgart, Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Tel.: +49 711 685-66224, E-Mail: maiia.smirnova@ilek.uni-stuttgart.de 

Dr. Sabine Zikeli, Universität Hohenheim, Zentrum Ökologischer Landbau, Tel.: +49 711 459-23248, E-Mail: sabine.zikeli@uni-hohenheim.de 

Medienkontakt
Lena Jauernig
Redakteurin Wissenschaftskommunikation / Wissenschaftlicher Nachwuchs

Publikation:
High strength bio-concrete for the production of building components. Maiia Smirnova, Christoph Nething, Andreas Stolz, Janosch A. D. Gröning, Daniele P. Funaro, Erik Eppinger, Manuela Reichert, Jürgen Frick, Lucio Blandini. npj Materials Sustainability 1, 4 (2023). https://doi.org/10.1038/s44296-023-00004-6
Quelle:
https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Biobeton-aus-Urin/