24.03.2020 | Synovo GmbH | News

Synovo gibt die Entwicklung seines Therapiekandidaten für virale Covid-19-Lungenentzündung bekannt

Synovo GmbH wird sich auf die Entwicklung von SYD015 konzentrieren. SYD015 ist ein Wirkstoffkandidat, der in ersten Tests zeigen konnte, dass mit ihm akute virale und bakterielle Lungenentzündungen sowie akutes Lungenversagen (acute respiratory distress syndrome, ARDS) zu behandeln sind. Obgleich SYD015 ganz allgemein gegen alle Formen von Lungenentzündung wirkt, besitzt es Eigenschaften, die es besonders geeignet zur Behandlung von durch Covid-19 verursachtem Lungenversagen machen könnten.

SYD015 und seine Analoga zeigten in Pneumonia-Modellen ihre Wirksamkeit gegen Lungenentzündungen und erwiesen sich dabei als sicher.

Die gängigen Therapien für akute Pneumonien bekämpfen die lebensbedrohliche Entzündung zur Unterdrückung des Immunsystems. SYD015 hingegen unterstützt die körpereigene Immunantwort und begrenzt gleichzeitig überschießende, destruktive Immunreaktionen. Somit kann es auch ein breites Spektrum an Sekundärinfektionen bekämpfen, selbst wenn diese durch multiresistente Keime verursacht werden.

Therapien wie mit SYD015 sind sehr wichtig, da diese Wirkstoffe nicht spezifisch gegen Viren oder Bakterien gerichtet sind, sondern das Immunsystem allgemein bei der Bekämpfung von Krankheitserregern unterstützen. Sie haben ein breites Einsatzgebiet und können auch bei nicht durch SARS, COVID-19 oder ähnlichen Viren ausgelösten Krankheiten in Zukunft eingesetzt werden.
Bei der Behandlung von Lungenentzündungen können sie generell eine gute Therapieoption sein, auch außerhalb von endemischen Ausbrüchen.
Die Gesellschaft kann sich nicht spezifisch auf eine Pandemie mit einem neuartigen Erreger vorbereiten. Deshalb ist es gut, wenn man Wirkstoffe zur Verfügung hat, die nicht den Erreger bekämpfen, sondern dem körpereigenen Immunsystem helfen. Die zur Zeit bei der COVID-19-Behandlung eingesetzten Medikamente sind Verbindungen aus bestehenden Therapien  für Lungenerkrankungen oder es werden Medikamente eingesetzt, die eine Zulassung für andere Indikationen haben, aber vielversprechend  als Notfalltherapeutikum sind.  


Synovos Gründer und Geschäftsführer, Dr. Michael Burnet erklärte:

„Ende 2019 erhielten wir die Bestätigung von europäischen Partnern, die verschiedene Tests in Speziallaboren durchführten, dass unsere Wirkstoffkandidaten die Schlüsselkriterien für die Behandlung akuter Lungenentzündungen und Lungenversagen erfüllen. Das Wirkspektrum von SYD015 passt sehr gut in das Wirksamkeitsprofil, das erforderlich ist, um die akute Phase einer Covid-19 Infektion zu behandeln. Wir leiten nun alle Schritte ein, die für eine beschleunigte Entwicklung seines Einsatzes gegen Covid-19 nötig sind.“
Er fügte hinzu: „Nach vielversprechenden Diskussionen mit Kollegen in den USA und erklärtem Interesse chinesischer Pharmaunternehmen leiten wir Entwicklungsschritte ein, die für die Durchführung erster Versuche am Menschen notwendig sind.“

SYD015 ist ein Immunmodulator, der gegen Pathogene gerichtete Immunantworten unterstützt, während er eine Gewebe zerstörende, destruktive Immunantworten verringert. Dies gelingt durch eine Art „Vorwarnung“ durch den Wirkstoff, was dem Immunsystems ermöglicht, eine effektivere Abwehr gegen Krankheitserreger aufzubauen. Somit werden überschießende Immunreaktionen verringert, ohne dabei die spezifische Immunabwehr zu beeinträchtigen. Zusätzlich unterstützt SYD015 die Abwehr bakterieller Sekundärinfektionen, die Berichten nach die Covid-19-induzierten Lungenprobleme verschlimmern.

Ein weiterer Vorteil von SYD015 besteht in der niedrigen Dosierung. Die wirksame Dosis im Menschen beträgt wahrscheinlich nur 0,1 bis 0,5 mg. Somit könnte ein Kilogramm Wirkstoff ausreichen, um 2-10 Millionen Dosen herzustellen. Der Wirkstoff kann relativ einfach und kostengünstig produziert werden, und ist somit besonders gut für den Einsatz in weniger industriell entwickelten Gebieten geeignet, in denen der Zugang zu Beatmungsgeräten schwierig ist. Die möglichen Auswirkungen von Covid-19 in Entwicklungsländern erhält momentan nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit, aber durch das Fehlen von Intensivstationen mit Beatmungsgeräten sind diejenigen Patienten mit schweren Symptomen äußerst gefährdet. Kosteneffektive Therapien, die auch unter diesen Umständen helfen, werden gebraucht werden.


Hintergrund

Covid-19 und SARS-Cov-2

Ein Mitglied der großen Familie der Corona-Viren hat es kürzlich geschafft die menschliche Bevölkerung weltweit zu infizieren. Diese neue Krankheit nennt sich Covid-19. Corona-Viren lösen eine Reihe von Krankheiten in Menschen und Tieren aus, obgleich die 3 humanpathogenen Vertreter dieser Familie, die normalerweise den Menschen befallen, meist nur Erkältungen hervorrufen und keine tödlichen Lungenentzündungen. Die Erreger von SARS und MERS besitzen verwandte virale Sequenzen wie der Covid-19-Erreger. Sie verursachten ähnliche Krankheitssymptome, wenngleich SARS und MERS eine höhere Sterblichkeit aufwiesen.

SARS-CoV-2 ist ein RNA Virus, welches zunächst die oberen Atemwege infiziert. Im fortschreitenden Krankheitsverlauf werden aber auch die unteren Atemwege, sowie das Herz und die Blutgefäße befallen. Das Virus dringt über den ACE2-Rezeptor (Angiotensin-konvertierender Enzym-2 Rezeptor) in die Zellen ein. Einige Medikamente, die zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt werden, führen zu vermehrter Expression des ACE2-Rezeptors. Der dadurch erleichterte Eintritt des SARS-CoV-2 Virus in die Zellen, wird als eine Ursache angesehen, warum die Krankheit in Herzpatienten besonders schwer verläuft.

Wenngleich die Infektion in Kindern nur mild verläuft, scheint es mit zunehmendem Alter einen immer schwerwiegenderen Krankheitsverlauf zu geben. Dies ist typisch für einige virale Erkrankungen, bei denen das erwachsene Immunsystem entweder mit entzündlichen Prozessen überreagiert, oder unfähig ist, eine wirksame antivirale Immunantwort aufzubauen. Die altersbezogenen Effekte könnten auch durch eine allgemeine Schwächung von Herz und Lunge in älteren Patienten begründet sein. So wurde in Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf eine verminderte Lymphozyten-Antwort beobachtet, die benötigt wird, um Viren zu neutralisieren.

Ein schwerer Verlauf ist gekennzeichnet durch eine Entzündung beider Lungenflügel, sowie des Herzens und der Herzkranzgefäße. Diese Entzündung ist gleichermaßen eine Reaktion auf die Virus-verursachten Gewebeschäden, als auch eine Art Überreaktion, die mehr Immunzellen als nötig an den Infektionsort ruft, und dadurch vermehrt Gefahrensignale an das Immunsystem aussendet. Daraus resultieren ein unkontrolliertes Fortschreiten des Entzündungsprozesses und die Entwicklung eines Lungenödems (Wasserlunge), das die Luftwege mit Flüssigkeit füllt und verhindert, dass Atemluft in die Lungenbläschen gelangen kann.

Weitere Symptome sind Muskelschmerzen und Fieber, die durch Interferon verursacht werden, ein Entzündungssignal, das ein wichtiger Bestandteil unserer Immunantwort gegen Viren ist. In schweren Verläufen führt Covid-19 zur Überproduktion dieser Interferone und anderer Entzündungssignale. Wenn besonders hohe Spiegel dieser Entzündungssignale, sogenannte Zytokine, erreicht werden, spricht man von einem „Zytokin-Sturm“. Dabei führen in einem Teufelskreislauf Entzündungssignale zur weiteren Produktion von Signalen und somit zu immer höheren Entzündungswerten. Die erworbene Immunantwort gegen das Virus braucht Zeit, und in dieser Zeit kann eine akute überschießende Antwort mehr Schaden anrichten, als das Virus selbst.

Eine übermäßige Ansammlung von Immunzellen in der Lunge ist besonders gefährlich, da ein resultierendes Lungenödem die Atemfähigkeit beeinträchtigt. Die gängigen Therapien, die gegen Lungenödeme eingesetzt werden, sind häufig immunsupprimierend und können das Einsetzen einer effizienten, erworbenen Immunantwort verzögern. Daher werden bessere, unterstützende Therapien, die Patienten helfen die akuten Krankheitssymptome zu überleben, dringend gebraucht.

Therapien, die in schweren Krankheitsverläufen zu helfen scheinen sind z.B. die Antimalariamittel Chloroquin und Hydroxychloroquin, in Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin, sowie die allgemein wirksamen Virostatika Favipiravir und Remdesivir, die die Virusvermehrung hemmen.


SYD015

SYD015 ist in der Entwicklung zur Therapie von Atemwegsinfektionen und chronischen Lungenkrankheiten. Es ist ein Immunregulator, d.h. es unterstützt die Immunantwort gegen den Erreger, aber verhindert überschießende Reaktionen gegen das Wirtsgewebe.

Bei SYD015 handelt es sich um einen niedermolekularen Wirkstoff, der sich für die orale Verabreichung als Tablette, Pille oder Kapsel eignet, oder auch mit einem Inhalator appliziert werden kann. In unterschiedlichen Lungenentzündungs-Modellen erwies sich SYD015 bereits in oral verabreichten Dosen von nur 0,01 bis 0,1 mg pro Kilogramm Körpergewicht als wirksam.

SYD015 verringert den Ausstoß entzündungsfördernder Zytokine (Botenstoffe) wie z.B. IL-6, während es gleichzeitig die Aktivität der Immunzellen gegen den Krankheitserreger erhöht. Das bedeutet, dass weniger Immunzellen benötigt werden, um den Erreger einzudämmen.

Alle Krankheitserreger, auch Viren, besitzen unterschiedliche Mittel und Wege das Immunsystem zu schwächen, damit das Pathogen sich ungehindert vermehren kann. Nach ausreichender Vermehrung verursacht der Erreger Entzündungen und Sekrete, die die Verbreitung gewährleisten. Das bedeutet, der Husten und die laufende Nase bei einer Erkältung oder einer Grippe stellen eine Virus-induzierte Überreaktion dar, die zu Entzündungen und vermehrter Schleim- und Flüssigkeitsproduktion der Atemwege einhergeht und somit die weitere Verbreitung des Erregers begünstigt.

In einigen Fällen sind die Flüssigkeitsansammlungen exzessiv, oder Bakterien nutzen das geschwächte Immunsystem aus, um sich unkontrolliert zu vermehren, und es kommt zu einer Lungenentzündung. Schwere Pneumonien kommen als Folge vieler Viruserkrankungen oder bei Patienten, die unter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung leiden, häufig vor und verursachen jedes Jahr zahlreiche Todesfälle.


Synovo GmbH

Die Synovo GmbH ist ein in Tübingen ansässiges Forschungsunternehmen, das sich insbesondere mit Infektionserkrankungen und Krankheiten des angeborenen Immunsystems beschäftigt. Synovo, im Jahr 2004 gegründet, hat 54 Mitarbeiter in den Bereichen der Chemie, Pharmakologie und Bioanalytik, die sich auf zwei Standorten innerhalb Tübingens verteilen. Zusätzlich zur eigenen Forschung hat Synovo umfangreiche Kooperationen mit europäischen und internationalen Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen, sowie Universitäten und Organisationen des öffentlichen Sektors. Synovo wird von Michael Burnet geleitet, dem Gründer und Geschäftsführer von Synovo. Vor seiner Zeit bei Synovo arbeitete Michael Burnet als Projektmanager des britischen Pharmakonzerns Zeneca.

Weitere Informationen

Weitere Informationen finden Sie unter:

https://synovo.com/

Quelle:
https://synovo.com/2020/03/25/pressemitteilung-forschung-zu-covid-19/