27.04.2018 | Universität Hohenheim | News

54 Mio. Euro: Wissenschaftsrat befürwortet Zentrum für Tierwissenschaften

Uni Hohenheim als Deutschlands Nr. 1 in Agrarforschung soll wissenschaftliches Zentrum überregionaler Bedeutung nach Art 91b GG erhalten

Tierwohl und Tiergesundheit, reduzierter Antibiotikaeinsatz, bessere Ressourcennutzung und geringere Umweltauswirkungen: Eine wichtige Stellschraube für Eigenschaften von Nutztieren sind die Wechselwirkungen zwischen dem Tier und den Abermilliarden Mikroorganismen, die insbesondere den Verdauungstrakt besiedeln. Bislang sind diese Vorgänge noch weitgehend unverstanden. Mit dem neuen „Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR)“ soll die Universität Hohenheim in Stuttgart daran arbeiten, diese Wissenslücken zu schließen. Diese Entscheidung fällte der Wissenschaftsrat der Bundesrepublik Deutschland in seiner heutigen Frühjahrssitzung in Trier. Über die endgültige Aufnahme von Forschungsbauten in die Förderung wird die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) am 29. Juni 2018 auf der Grundlage der Empfehlungen des Wissenschaftsrates entscheiden. Das Universitätsbauamt schätzt die Baukosten auf rund 47 Mio. Euro zzgl. 7 Mio. Euro für Erstausstattung und Großgeräte.

In der Humanmedizin hat das Wissen über die Bedeutung der Mikroorganismen im Darm kontinuierlich zugenommen. Zusammensetzung und Verhalten dieser komplexen Gemeinschaft beeinflussen selbst Psyche und Verhalten. Fehlfunktionen scheinen mitverantwortlich für chronische Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen wie Adipositas und Diabetes.

Noch komplexer und weit weniger erforscht sind die wechselseitigen Beziehungen zwischen Nutztieren und den Abermillionen Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt. Bei letzteren handelt es sich um eine so umfassende Lebensgemeinschaft, dass in einem Rind täglich Mikrobenmasse im Kilogrammbereich heranwächst.

Ergebnisse liefern Schlüssel für Vielzahl von Problemen in der Tierhaltung

„Wir wissen, dass diese Mikroorganismen einen bedeutenden Einfluss darauf haben, wie sich Tiere verhalten, wie krankheitsanfällig sie sind, ob sie knappe Futterressourcen gut verwerten können und wie weit sie umweltkritische Stoffe ausscheiden. Dazu gehören zum Beispiel klimarelevante Gase, wie das von Rindern produzierte Methan“, erklärt Prof. Dr. Markus Rodehutscord, Sprecher der 10 federführenden Forscherinnen und Forscher am künftigen Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR).

Intensive Grundlagenforschung über Art, Wirkungsweise, Genetik und mögliche Beeinflussung der Lebensgemeinschaft von Tier und Mikroorganismen soll auch Schlüssel zur Lösung angewandter Probleme liefern. „Langfristig erhoffen wir uns auch neue Präventions- und Therapieansätze, um den Medikamenten-Verbrauch zu senken, Zuchtprogramme für angepasste Rassen, die mit weniger Futter auskommen oder qualitativ hochwertige Lebensmittelproduktion mit geringeren Umweltauswirkungen“, so Prof. Dr. Rodehutscord.

Sein Fazit: „Der Forschungsbau wird es der Universität Hohenheim ermöglichen, ein spannendes interdisziplinäres Forschungsprogramm zu verfolgen, in dem wir eine hohe gesellschaftliche Relevanz sehen.“

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer lobt großen Erfolg für das Land

„Die Förderung des ‚Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research‘ ist ein großer Erfolg für die Universität Hohenheim und das Land Baden-Württemberg. Die Entscheidung bestätigt die führende Position der Universität in der Nutztierforschung. Mit einem innovativen Forschungskonzept und der Bündelung der Expertise aus unterschiedlichen Fachbereichen konnte sich der Antrag der Universität gegen zahlreiche Anträge aus dem gesamten Bundesgebiet durchsetzen“, so Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert von der Universität Hohenheim dankt für die Unterstützung des Landes Baden-Württemberg, das das Projekt gemeinsam mit der Universität vorangetrieben hat. „Dank der Projektfinanzierung durch das Wissenschaftsministerium konnten wir wichtige wissenschaftliche Vorarbeiten durchführen. Für die politische Unterstützung und intensive Begleitung möchte ich auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ganz persönlich danken.“

Einen weiteren Dank richtet Prof. Dr. Dabbert an das Kernteam aus Tierwissenschaftlern, Mikrobiologen und Biostatistikern, die das HoLMiR-Konzept über mehrere Jahre vorbereitet und ausgearbeitet haben: „Der heutige Erfolg zeigt, dass die Universität Hohenheim immer dann besonders erfolgreich ist, wenn sie auf ureigene Stärken und ihr ganz spezielles Profil baut, das sie in Deutschland einmalig macht.“

Möglicher Baubeginn bereits 2020

Die veranschlagten Kosten für das Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR) belaufen sich auf rund 47 Mio. Baukosten. Dazu kommen 3 Mio. Euro für Erstausstattung und 4 Mio. Euro für Großgeräte.

Das Modul I des Forschungsbaus wird vor allem Speziallabore mit in vitro- und Gewebetechniken sowie modernste Großgeräte umfassen. Der geplante Standort ist südlich des Biologie-Gebäudes, um Synergien mit vorhandenen Speziallaboren zu nutzen.

Das Modul II des Forschungsbaus wird die Tierexperimentaleinheit. Dort werden einmal bis zu 250 Rinder, Schafe, Schweine und Hühner gehalten und für Versuche am Tier genutzt werden können. Spezielle Haltungsanlagen werden z.B. eine keimfreie Haltung von Geflügel erlauben. Andere werden es ermöglichen, die Zusammensetzung von Atemluft und der von den Tieren gebildeten Stoffwechselgase zu messen. Der Standort ist auf dem Gelände des Meiereihofes, um Synergien mit den dort vorhandenen Einrichtungen zu nutzen.

Die Neubauten werden eine Gesamtfläche von rund 3.500 qm besitzen. Sie sollen als Plattform für die Arbeit von 10 Arbeitsgruppen und 3 Nachwuchsforschergruppen mit insgesamt 40 wissenschaftlichen und 20 nicht-wissenschaftlichen Mitarbeitern dienen.

Mit den ersten Erschließungsarbeiten wird Anfang 2019 begonnen. Voraussichtlicher Baubeginn ist 2020. Die geplante Bauzeit beträgt 2 Jahre. Möglich werden die Bauarbeiten durch den Masterplan 2030, mit dem sich Universität, Land und die Stadt Stuttgart auf Richtlinien zur Bebauung auf dem historischen Campus geeinigt haben.

<p><strong>Kontakt für Medien:</strong><br/>
Prof. Dr. Markus Rodehutscord,<br/>
Universität Hohenheim,<br/>
Institut für Nutztierwissenschaften<br/>
T +49 711 459 22420,<br/>
E markus.rodehutscord@uni-hohenheim.de</p>

Quelle:
https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=39902&cHash=57b4f39fc942cdf0f8663a28efdf3ee2